Warum in die Ferne schweifen, wenn der Hessenpark so nah? Hessen hat viele Kleinode. Aber eines sticht besonders heraus: das Freilichtmuseum Hessenpark. In Sichtweite der Saalburg gelegen, knapp 30 Kilometer vor/hinter Frankfurt, zeigt sich Hessen von seiner verklärten romantischen Seite. Während Frankfurts „Politik der Romantik“ ganz kleine Brötchen backt, sich nun im Spendenpool der Bürger und Stiftungen sonnt, werden im Taunus Roggenbrötchen a 170g von Hand gebacken. Könne die Frankforter widder eipacke.
Romantik im Hessenpark
Zwar klotzt Frankfurt mit seiner „Altstadt aus Stahlbeton“ richtig ran, aber das ist nur abgemaltes in falscher Vollendung. Für die Touristen vielleicht ganz nett, aber nicht mal annähernd den Preis wert. Aber Frankfurt will es ja nicht anders haben. Müssen sie eben mit Hohn und Spott leben, denn richtig gutes Altes findet man anderswo. Hessen hat genug anzubieten. Für Frankfurter und andere Städter sollte der Hessenpark an sich erste Anlaufstation sein, wenn es um hessische Geschichtsbilder geht. Hier im Hessenpark sitzen jene die wissen wie es wirklich war: Der Korbmacher, der Besenmacher, die Spinnerin, die Blaumacherin, die Bäckersleut’… Und keineswegs war der Römerberg so clean, wie er sich heute gibt. Davon wissen auch ein paar Leut‘ in Frankfurt zu berichten.
Lebendige Geschichte – Erinnerungskultur
Auch im Hessenpark gibt es Geschichten, die sich an Geschichten reihen, denn das „lebende Inventar“ weiß vieles zu erzählen. Allen voran die Theatergruppe des Hessenparks. Aktuell: Wie war das in den 1950ern? Lustig dargebracht, aber auch mit einer ernsten Note versehen: Der Bruder kommt aus der Kriegsgefangenschaft heim. Alles andere als ein freudiges Wiedersehen. Nicht unweit der Fingerzeig auf die Flüchtlinge im Eisenbahnwaggon (Richtung Osten die jüdische Bevölkerung, paar Jahre später die gleichen Waggons mit den Landsleuten aus Ostdeutschland). Das ist in unserer heutigen Zeit ein wichtiges Zeitzeugnis, denn Welt vergisst zu schnell. Und liebe Flüchtlinge aus der Welt, glaubt mal nur nicht, dass „die von da drüben“ überall willkommen waren … es hat sich nichts oder nur wenig geändert.
Früher … früher war alles besser
Was einst mal klein im Hessenpark begann, sich recht übersichtlich präsentierte, ist heute an einem Tag kaum zu bewältigen, schon gar nicht, wenn Aktionen stattfinden, man selbst die wandelnde Neugier ist, sein Hessen aufarbeiten will. Gerade mal bis Mittelhessen bin ich gekommen und da warten noch so viele Dinge auf mich, die einst mal anderswo das Licht der Welt in Hessen erblickten bzw. nie realisiert, aber im Hessenpark aufgebaut wurden, wie die Trafostation.
Sehenswert auch der Krämerladen mit den Kolonialwaren. An die Bonbongläser mit der kleinen Schaufel kann ich mich gut erinnern. Und wenn in einer kleinen dreieckigen Papiertüte dann ein paar Bonbons die Seiten wechselten, war man natürlich der glücklichste Bub auf Erden. Natürlich ist man dann geneigt von der guten alten Zeit zu schwärmen, aber ich hätte damals gerne die Rechte, die Möglichkeiten der Kinder von heute gehabt. Aber das soll nicht das Thema heute sein.
Für die Kleinen gibt es viele Möglichkeiten nebst dem Lernen, das Spiel im Hessenpark nicht zu vergessen. Auch Kleinvieh, was so der Bauer im Stall stehen hatte, ist im Hessenpark anzutreffen. Und wenn es zwischendurch mal regnet, Unterstellmöglichkeiten gibt es immer. Für mehr ist auch gesorgt: Kaffee und Kuchen geht nicht so schnell aus. Auch nicht in Mittelhessen, wo es die freundlichste Selbstbedienung der Welt gibt.
Preislich liegt im Hessenpark alles im grünen Qualitäts-Bereich, sowohl ein Besuch im Wirtshaus „Zum Adler“, in der Kaffeestube in Mittelhessen als auch in den diversen Läden, die mit hessischen Waren die Welt versorgen. Der „Liebfrauenberg“ und „Römerberg“ in Frankfurt bestechen hingegen durch ein „abgehobenes Preisniveau“. Das ist der kleine, feine Unterschied zwischen Hessen und Frankfurt.
Lust auf Hessen? Ich bin demnächst dort wieder anzutreffen. Und da, wo die netteste Selbstbedienung der Welt zugegen ist, freue ich mich auf dein Lächeln – auch wenn es von ganz, ganz weit weg herkommt.