Kleine Buchstabenkunde über die Sexualität und geschlechtliche Identität
Wir fangen klein an.
Zu Anfangs waren es vier Buchstaben: LGBT.
LGBT bedeutet übersetzt: Lesbian – Gay – Bi – Transgender (Trans).
Auf deutsch sieht das dann so aus: LSBT = Lesbisch – Schwul – Bisexuell – Transsexuell. Die ersten zwei Buchstaben bezeichnen die gleichgeschlechtliche Liebe, der dritte Buchstabe kann sowohl als auch jemanden lieben und der letzte Buchstabe handelt von der Geschlechtsidentität: Ich denke, darum bin ich. Schwulsein gehört nicht dazu.
Vielleicht stolpert so mancher über die letzte Erläuterung der einzelnen Buchstaben, denn Transsexualität ist eine Geschlechtsidentität, während die anderen Begriffe die sexuelle Ausrichtung wiedergeben. Obwohl das Wörtchen »Sex« im Wort Transsexualität sich wiederfindet, ist der Sex ganz, ganz weit entfernt. Es ist eine deutsche Übersetzungsgeschichte, weswegen man heute zu einer Transidentität übergegangen ist. Da große Teile der (CSD-) Szene (schwule) Männer in Frauenkleider sind, netterweise auch hier und da unter dem Kürzel DWT (Damenwäscheträger) geführt, fühlen sie sich unter LGBT gut aufgehoben. Ich aber nicht. Ich bin hier zu Hause, aber nicht dort.
Als Transfrau (2017) kann ich nicht schwul sein, wohl aber lesbisch. Transmänner wie Max Appenroth (Mr. Gay Germany 2021/Beitragdsbild) und noch viele andere, können es sein. Ich kann auch ganz normal zum Wohlgefallen der katholischen Kirche einen Mann umarmen, ihn ganz dolle lieb haben. Dann läuft das Ganze unter Heterosexualität.
Trans*(sexualität) ist eine Sache der Identität, nicht der Sexualität. Als Trans* kann ich auch asexuell, den Sex ablehnen oder pansexuell sein, die ganze Welt umarmen wollen. Ich weiß, wo ich zu Hause bin, andere nicht.
Streiche also Begriffe wie Tunte oder Schwuchtel aus deinem Sprachschatz. Damit liegst du bei vielen falsch und die Blöße der Unwissenheit „dumm geboren, nichts dazugelernt“ willst du dir doch nicht geben, oder?
/me
Das „I“ in LGBTI (LSBTI)
Inter*: Genetisch oder auch anatomisch (aufgrund der Geschlechtsorgane) und hormonell (aufgrund des Mengenverhältnisses der Geschlechtshormone) nicht eindeutig dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zuzuordnen
Und weil der liebe Gott einen großen Garten hat, gibt es auch Menschen, die biologisch nicht eindeutig zu dem einen oder anderen Geschlecht zugerechnet werden können. In einer bösen anderen Zeit hat man sie operativ verstümmelt, hormonell auf Richtung getrimmt, damit das gesellschaftliche Bild keinen Kratzer bekommt. Das ist heute nicht mehr ganz so schlimm, aber da ist noch vieles im Argen. Und obwohl auch hier das Wörtchen Sex in der Bezeichnung Intersexualität auftaucht, hat es mit der sexuellen Ausrichtung eines intersexuellen Menschen wenig zu tun, weswegen sich nach und nach die Bezeichnung Inter* durchsetzt. Inter*/Inter sind aber keineswegs geschlechtslos.
Als ich auf einem Lehrgang im Waldschlößchen war, lief parallel zu meinem Lehrgang ein Beratungslehrgang für intersexuelle Menschen. Das was ich ab Oktober vorhabe, nämlich den Lehrgang »Trans*geschlechtliche Menschen kompetent beraten« zu belegen, gab es für die Inter*Menschen. Und da habe ich dann gelernt, dass nicht alles Trans* ist, was ich so in Richtung Trans* lese und einordne. Sie haben mich dann auf nette aber bestimmende Art wissen lassen, dass sie zum Inter*-Lehrgang gehören.
Die Erbsenzählerei unter dem Regenbogen
Die neuste Kombination ist LSBTTIQ.
Das Kürzel steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell und queer.
Ich weiß nicht, wer für das Hinzufügen der einzelnen Buchstaben verantwortlich ist, denn es wird langsam lächerlich. Die Erklärung ist:
Die Abkürzung soll die Vielfalt der Identitäten jenseits der heterosexuellen oder zweigeschlechtlichen Norm zusammenzufassen – ohne Minderheiten unter den Tisch zu kehren.
Queere Welt
Die ganze Kiste dreht sich jetzt nur noch um den Sex. Das neue Schwulsein und Anderssein bekommt neue Farben. Einzig das I und T sind Geschlechtsidentitäten (nach der allwissenden Müllhalde). Transgender ist schon wieder „Hab Spaß in Frauenkleider“.
Trans* – eine sexuelle Orientierung? Das Schwulsein bei GayRomeo
Obwohl (oder gerade weil) Transsexualität als eine Form von Transgender erscheint, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Transsexuellen, die den Begriff und/oder jegliche Kommunikation, Zusammenarbeit mit nicht-transsexuellen Transgender ablehnen – vor allem von politisch motivierten Transgender. Die Gruppen unterscheiden sich deutlich im Wunsch und in der Ablehnung von operativen Maßnahmen. Während die einen geschlechtsangleichende Operationen anstreben, werden diese von anderen als Verstümmelungen angesehen und abgelehnt.
Transgender versus Transsexualität
Wo einerseits „klassische“ Transsexuelle oft argumentieren, dass sie darunter leiden, transsexuell zu sein, und nur ein normales Leben führen möchten, während Transgender (Transvestiten/Transvestitismus impliziert, nur ein zeitweiliger Rollenwechsel aufweist) … verweisen einige Transgender andererseits darauf, dass
a) nicht-transsexuelle Transgender genauso leiden können … (Allwissende Müllhalde)
Wer will sich das reinziehen? Mein Freundeskreis bestimmt nicht. Die sind mit folgender der Erklärung zufrieden, dass ich eine »(Trans*)Frau« bin und zu den Trans* zähle, nicht aus den Stempel „Sxchwulsein“ stehe. Wir sind Menschen, wo die Geschlechtsmerkmale nicht mit der permanenten Geschlechtsidentität übereinstimmen. Punkt.
Einfache Geschichte.
Dass sich jeder DWT (Damenwäscheträger) mittlerweile als Transsexuelle bzw. Transgender bezeichnet, ist nicht nur eine Schwulsein-Geschichte (Fetisch), sondern auch die der Trans*-Community wo alle Grenzen verschwimmen. Jeder schwule Besucher im Fummel, der zuvor auf dem Klo sich umgezogen hat, als der Ihren willkommen geheißen wird, wirft schon die eine und andere Frage auf. Dass die Trans-Treffen hier und da als Marktplatz (Fleischbeschau) benutzt werden, ist noch nicht bei der „Leitstelle“ angekommen.
Ich will nicht mit der schwulen Fetisch-Kiste in einem Atemzug in Verbindung gebracht werden, auch nicht mit dem (Show)Transvestit. Deswegen ist bei mir die biologische Transidentität ins Spiel gekommen, die sich täglich 24 Stunden am Tag bemerkbar macht, nicht alle vier Wochen oder am Wochenende von 22:00 Uhr bis 5:00 Uhr morgens. Ich muss nicht mit dem Koffer nach Transnormal (Frankfurt/Baseler Platz) aufbrechen um Frau zu werden oder mich erst auf dem Klo umziehen. Man muss nicht alles schlucken, was einem serviert wird. Dann zieht man eben für sich die Grenze und es geht ganz Frau naturtrüb mit seinem Seelenschmerz durch Hessen und die Welt.
Eine kleine Ausnahme: Das Q
Queer ist bekanntlich die Definition eines Sammelbeckens für Cis-Frauen/Männer, Queergender, Schwule, Lesben, Inter*, Trans* … und die Bezeichnung für all jene, die sich nicht in eine Schublade pressen lassen wollen. Ich bin Mitglied bei Queer Hanau, bin einer der wenigen Trans* dort. Was in der Buchstabensuppe mühsam aufgelistet wird, ist in Queer vertreten. Aber jedes Deckelchen will mit einem Buchstaben genannt werden, leistet sich darüber hinaus noch eine Phobie.
Ist der CSD noch zeitgemäß?
Es stellt sich nun die Frage, für wen und was die LSBTTIQ-Community in naher Zukunft auf die Straße gehen will, nachdem die Ehe für Alle durch ist. Sogenannte „Phobien“ sind im Kopf, in unseren Fällen (feindlich) anerzogen, nicht von natürlicher Art. Um dagegen anzugehen, helfen keine 100 Demonstrationszüge und wenn sie noch so bunt sind.
Offen wären die verbrieften Rechte von Inter*- oder Trans*-Menschen! Gut, das ist nur eine verschwindend geringe Minderheit mit der (CSD-)Mann wenig anfangen kann. Für sein Schwulsein fehlt noch die Fahne. Zwar gilt die Regenbogenfahne, aber ein paar nette Jungs fühlen sich dort nicht gut aufgehoben.
Deswegen der Tip:
Friede, Freude, Eierkuchen kommt immer gut, geht auch immer.
Oder doch lieber im Zeichen der Regenbogen-Sexualität gegen braune Ideologien auf die Straße gehen? Dem »Rechtspopulismus« mit den »besorgten Eltern« im Schlepptau wiederholt auf nette Art die wahre Liebe zeigen? Das Thema käme auch gut, denn kapiert haben sie es noch nicht. Sieht man an den Gesichtern, wenn sie zur Demo einladen.
Was ist mit der muslimischen Trans- und Homofeindlichkeit, die zu Deutschland gehört?
Was ist mit der in Not geratenen Katholischen Kirche?
Ich habe dieses Jahr erlebt, wie in meinem Pressetext für die Stadt Hanau, den Main-Kinzig-Kreis, zum IDAHOT der Hinweis auf die kirchliche und muslimische Homo- und Transfeindlichkeit herausgestrichen wurde. „Können wir nicht machen“ und als Begründung wurde u. a. der Hinweis auf die „Freie Kirche“ angeführt. (link hinzugefügt – 13.02.2019)
Klar, es gibt immer kleine Pflänzchen, die sich mühsam dem Sonnenlicht entgegenstrecken.
Der CSD in Stuttgart hat einen muslimischen Wagen, eine kleine aktive Community.
Die hat nicht Hanau, nicht Offenbach und auch nicht Frankfurt.
Da weht aus den muslimischen Vierteln ein anderer Wind.
Und wir wären heute nicht da, wenn im heiteitei-Modus für LGBT* gekämpft worden wäre. Nur niemanden auf die Füße treten, alles bedenken. Aber im gemachten Bett sich breitmachen, die Ehe für alle feiern (nein, ich habe nicht gefeiert). Die Eltern der Smartphone-Generation kann man knicken.
Die Farben der Vielfalt, auch im neuen Schwulsein
Der Regenbogen ist inzwischen das Symbol für alles und jeden. Er war früher eine reine Gay-Geschichte und kam aus Amerika und wurde von Gilbert Baker entworfen. Die Farben seines Regenbogens sind Rot für die Liebe, Orange für Gesundheit, Gelb für die Sonne, Grün für Natur, Königsblau für Harmonie, Violett für den Geist. Ursprünglich bestand Bakers Version des Regenbogens sogar aus acht Farbstreifen, nämlich zusätzlich noch ein Streifen in Pink (Sexualität) und Türkis (Kunst). Damals war der pinkfarbener Stoff zu teuer, weswegen die beiden Farben eingespart wurden. Hier und da sieht man aber wieder die Baker’sche Regenbogenfahne im Wind wehen.
Kleiner Flaggen-Guide
Die Regenbogenfahne weht aber nicht alleine im Wind. Es gibt noch mehr Fahnen. Fahnen für sexuelle Ausrichtungen, wie auch jene für geschlechtliche Identitäten. Meine Fahne beinhaltet nach offizieller Lesart die Farben hellblau für Mann, rosa für Frau und weiß für Transitionierende, Nichtbinäre und Intersexuelle (Erklärung). Ich habe mir eine Eselsbrücke gebaut, sonst hätte ich mir die Farben der Reihe nach so schnell nicht merken können: Ich war männlichen Geschlechts bei der Geburt (hellblau), bin nun eine Frau (rosa), und mein Weg ist offen, noch lange nicht zu Ende (neutral weiß).
Es gibt noch andere Fahnen, die dann schon mehr eine Untergruppe darstellen. Die Fahne der Bären, Schwarz-dunkelblau die der Leder/BDSM-Community (hat mit schwul etc. nix zu tun), dann die Fahne der Lipstick-Lesben und viele mehr.
Ich könnte rein theoretisch mit drei Fahnen gleichzeitig unterwegs sein: Trans* – BDSM – und was sexuelles.
Es stellt sich natürlich zum Schluss die Frage:
„Muss man ständig der Welt seine Sexualität unter die Nase reiben?“
Die Akzeptanz wird nicht größer, wenn man halbnackt und schlüpfrig durch Frankfurts Straßen läuft. Auch wenn es unter der Regenbogenflagge geschieht. Das ist aber eine andere Geschichte, die nicht unter das neue Schwulsein läuft.
In diesem Sinne und danke fürs reinschauen.
Update am 20.08.2017 / Bild eingefügt und ein paar Sätze ergänzt und umgestellt.
Update 13.02.2019 / Link ARD zu „freie Kirche“ hinzugefügt
Titelbild: Max Appenroth (Transmann und Mr. Gay Germany) by Alex Giegold
update 12/2023: Links ausgebessert