Eine Audienz beim Fürst zu Glauberg

Eine Audienz beim Fürst zu Glauberg
Der Fürst zu Glauberg
Seine Exzellenz der Fürst zu Glauberg (im Hintergrund Cernunnos)

Rückblick: Ende der 90er – archäologischer Sensationsfund auf dem Glauberg. Einen keltischen Fürstensitz entdeckte man dort. Bißchen später fand der geneigte Besucher das ganze „Zeugs“ im hessischen Landesmuseum in Darmstadt wieder. In Glauburg: Fehlanzeige. Logischerweise heißt es seit dem Fund in der archäologischen Welt: „Der Keltenfürst vom Glauberg“ und nicht „Der Keltenfürst von Darmstadt”.

Zu Recht protestierten die Glauburger Leut’, machten sich im keltischem Gewand auf nach Darmstadt/Wiesbaden und verschafften sich dort Gehör. Fürst Roland (ehemaliger Ministerpräsident von Hessen) – man munkelte seinerzeit, er wird noch in Berlin zum Meuchelmörder – berief die Seinen zusammen und sie berieten sich. Vielleicht haben sie geschichtlich etwas verwechselt, an den Teutoburger Wald gedacht, jedenfalls sandte flugs Fürst Roland einen Abgesandten nach Glauburg, der den Leut’ verkündete: Der Keltenfürst kehrt heim.

Die Heimkehr des Fürsten zu seinem Sitz auf dem Glauberg

Museum auf dem Glauberg
Keltenwelt – Museum auf dem Glauberg

Für über 6.000.000 € bekam er einen Fürstensitz in Glauburg auf dem Glauberg – standesgemäß. Kosten und Unterhaltung trägt das Land. Die Glauburger nix bezahlen müssen. Der Jubel war groß in Glauburg. Das ist IHR Sieg um ihren Fürsten, den sie ausgiebig feierten: drei Tage lang (Keltenbrauch).

Als Hessengewächs mit Blick auf den Altkönig, dem Heidetränk-Oppidum auf den Anhöhen „Altenhöfe“ und „Goldgrube“ – Stichwort: Keltenstraße – frage ich mich heute noch, was die Darmstädter mit dem Keltenzeugnis wollten. In 1000 Jahren, wenn wer Darmstadt ausbuddelt, ist es dann Geschichtsverfälschung, wenn man den Keltenfürst dort findet. Geht’s ihnen so wie den anderen mit dem Teutoburger Wald. Die Schlacht ganz woanders war, weil irgendwer meinte, das „Zeug“ wegschleppen zu müssen (siehe Ausgrabungsgeschichte Ägyptens/heute in Berlin zu sehen).
Sie können sich ja ESA-Dinge oder Weltraumschrott in’s Museum stellen. Ist ja auch hessisches Erbe. Vielleicht hat ja die Grube Messel noch paar Dinge über, wenn es denn schön „alt“ sein und aussehen soll. Ansonsten kann man den Darmstädtern nur empfehlen: Selber buddeln, denn der Süden gehörte den Kelten.

Der Keltenfürst, der nach neusten Kenntnissen weit aus mehr als nur ein Fürst darstellt, ist nun heimgekehrt. Viele seiner Nachfahren brechen heute zu ihm über die Keltenstraße auf. Und seit dieser Zeit ist es auch um die Wotan-Jünger in Frankfurt Oberrad recht still geworden, die sich das Druidentum der Kelten einfach einverleibt haben, was in der FAZ ausgiebig beschrieben wurde (Hohn und Spott ergoß sich über die Zeitschrift der klugen Köpfe). Vielleicht hat das Wotan-Volk nun hinter der Saalburg ihr Zelt aufgeschlagen, hofft daß Fürst Roland es an der Hand nimmt, damit eine neue Geschichtsseite beschrieben werden kann. Hessen- und Keltenfest saßen weder sie noch Fürst Roland im Sattel. Dabei kann alles nachgelesen werden.

Die Geschichte der Kelten und seines Fürsten

Ich möchte hier an dieser Stelle nicht die Geschichte der Kelten wiedergeben, sondern auf das Eine oder Andere, nicht ganz unwichtige Detail, hinweisen.

Was Kleopatras Nase, sind des Fürsten Ohren

Der Fürst zu Glauberg
Der Fürst zu Glauberg (Museum Glauberg)

Angedeutet habe ich es schon: Der Fürst zu Glauberg war nicht nur ein Fürst, sondern er war auch der oberste Druide im weiten Rund. Die Leute sind von ganz weit her aufgebrochen um ihm die Ehre zu erweisen. Er war kein Dorfdruide in dem Sinne, zumal die keltische Siedlung einer der größten ihrer Zeit war. Das Einzugsgebiet dementsprechend. Das belegen die Funde aus den Fürstengräbern, deren es drei gibt.

In der Darstellung des Fürsten sieht man ihn mit riesengroßen „Ohren“. Dies sind aber keine Ohren, sondern dies stellt eine Blattkrone dar. Wahrscheinlich ein Zeugnis seiner göttergleichen Stellung. Dies erfährt man allerdings nicht vor Ort im Museum auf dem Glauberg. Zumindest ist mir dort kein Schriftbild diesbezüglich ins Auge gesprungen. Eine Bekannte, die mit mir war, hat auch vergeblich danach gesucht, mich deswegen gefragt. Ich hätte es auch nicht gewußt, wenn nicht ein paar Wochen zuvor auf ZDFinfo eine Reportage über den Fürst und die Ausgrabungen gegeben hätte.

ZDFinfo: Tod am Keltenhof

Diese Reportage räumt mit so manchem Keltenklischee auf. Es gilt aber auch: Die geschichtlichen Erzählungen, auch von Caesar, sind mit Abstand zu betrachten. Beispiel: Ein Feldheer, der mit seinen drei Legionen von 300 Kriegern vermöbelt wird, der wird das sicher nicht geschichtstreu niederschreiben, sondern erzählen, dass er einer 100fachen Übermacht gegenüber gestanden hat. Einiges wurde auch erniedrigend wiedergegeben, sei es aus einem „nicht verstehen können“ heraus oder aber auch weil die eigene Kultur das Maß aller Dinge ist. Da können andere Völker nur schlechter abschneiden. Es ist ja heute nicht viel anders mit der „westlichen Kultur“. Wir sind die Krönung.

Der Pulsschlag des Fürsten

Die Fundsachen der Fürstengräber sind in einer jeweiligen Vitrine ausgestellt und ausführlich beschrieben. Leider sind auch hier Detailinformationen nicht vorhanden. Es wird zwar vieles angerissen, aber letztendlich muß der wissensdurstige Besucher andere Quellen zu Rate ziehen. Hier wäre ein Audioguide, wie es das Städel in Frankfurt anbietet, wünschenswert. Beeindruckend die Dokumentation der Ausgrabungen selbst. Es ist einfach unglaublich, mit welchen Tricks und Mittel die Archäologen der Nachwelt die Welt um den Glauberg mit seinem Fürst sichtbar machen. Nicht weniger spannend sind die Querverweise.

Querverweise im Land der Kelten

Auf dem Glauberg ist keine Siedlung mehr zu sehen, nur Fragmente, Andeutungen im Boden, die mit „scannen“ des Bodens sichtbar wurden. Ähnliche Vorgehensweisen, nur aus der Luft, finden derzeit auch vor Wien statt. Es gibt aber ein paar wenige ganz wichtige Keltenstationen in Europa, die Schlüsse auf den Glauberg und der Keltenkultur zulassen.

Aus der Keltenwelt am Glauberg: Zu nennen sind besonders das Centre archéologique européen du Mont Beuvray (Bibracte) im französischen Burgund und (mit unterschiedlichen Betreibern) das Forschungszentrum und Museum im österreichischen Hallein bei Salzburg sowie das Naturhistorische Museum Wien mit Forschungszentrum und Ausstellungsbereich „Alte Schmiede“ auf dem Salzberg in Hallstatt (Oberösterreich).

Der Glauberg stellt heute wie damals einen der wichtigsten Punkte auf der Landkarte mit keltischem Zeugnis dar. Es gibt auch anderswo im hessischen Rund hier und da Zeugnisse keltischen Ursprungs, wie in Offenbach Bieber, dem Wagengrab in Offenbach Rumpenheim oder auch in der Rödermark. Der Glauberg aber, mit seinen Ausgrabungen, ist derzeit nicht zu toppen.

Blick vom Glauberg
Blick vom Glauberg (in der Ferne das Heidetränk-Oppidum und der Feldberg)

Eine Art Seelenwanderung kann rund um das Museum auf dem Glauberg mit seinen herrlichen Aussichten unternommen werden. Und wer weiß, vielleicht wandert so manches Schmuckstück keltischer Handwerkskunst in ein neuzeitliches Gefäß und wird stolz heimgetragen.

Hinweise

Im Museum gibt es reichlich Literatur zum Thema Keltenwelt. Aber nicht nur über die keltische Kultur gibt es Lesestoff, auch das Gebiet der Wetterau mit seinen verschiedenen Bräuchen und Volksfesten ist vertreten. Das Kräuterwesen darf im Schatten des Fürsten auch nicht fehlen, weswegen es auch hier viele Hinweise, auch auf Veranstaltungen vor Ort, gibt.

Der Glaube der Kelten ist das wohl am meist unverstandene Zeitzeugnis, was die Welt vorweisen kann. Da sind die Erzählungen von Thor und Odin noch recht harmlos. Empfehlenswert ist das Buch „Lexikon der keltischen Religion und Kultur“ von Bernhard Maier. Hier schreibt kein Hobbykeltologe mit Kräuterbeet vor dem Fenster, der gestern im Mondenschein so allerlei keltischen Brauchtum gefunden hat, sondern ein anerkannter Religionswissenschaftler.

Merke: Bücher über die Keltenwelt ohne Anhang/Verweise sind nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurden.

Nach Glauburg – nettes Städtchen unterhalb des Glaubergs – kommt man direkt von Frankfurt aus mit dem Zug hin. Gut eine Stunde ist die Fahrzeit. Der Fußweg vom Bahnhof zum Museum: ca. 20 Minuten. Für Speis und und Trank wird vor Ort gesorgt. Tip: Die Linsensuppe (wie früher von Oma).
Preislich ist die Keltenverköstigung auf dem Glauberg ok, längst nicht so überteuert wie manche „römische“ Örtlichkeit in Frankfurt.

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