Die deutsche Gesellschaft schlittert gerne von einem Extrem ins andere. Da wird so lange die Kulturkeule geschwungen, bis im weitem Umkreis alles darnieder liegt, der Mob zufrieden ist. So geschehen mit dem Sarotti-Mohr. Die Meinungsdiktatur, mit einhergehendem Bashing, hat den kleinen Mohren niedergestreckt. Auch eine Art weißer Rassismus.
Bye kleiner Sarotti-Mohr
Man kennt ja die Geschichten von den weißen Vertreter:innen der Political Correctness, die gerne mit der Wokebrille durch das Internet, den Content abgrasend, schleichen und „Das ist Rassismus“ schreien, wenn was nicht in ihrem Sinne ist; wie im Falle des Sarotti-Mohren.
Es trifft auch hier in schöner Regelmäßigkeit die Kleinen.
Ich erlebte den Aufschrei in Frankfurt, weil es Mohren-Apotheken gibt. Eine wurde ein wenig umbenannt, heißt nun „Zeil Apotheke (zum Mohren)“, der Mohr ist somit immer noch da. Den alten Schriftzug „Zum Mohren“ sieht man ebenso noch, da das Haus unter Denkmalschutz steht, er nicht einfach entfernt werden kann. Und nun? (Bild/Vandalismus)
In Süddeutschland gibt es ein Mohren-Haus. Dort wird auch edles Süßes an den Mann, die Frau und das nicht benannte Wesen gebracht, das dort einkehrt. Dort nennt es sich Kultur – und Geschichtsbewusstsein bewahren. Das Haus (zählt zum Weltkulturerbe), die Tradition wird gepflegt – kein Aufschrei im weiten Rund.
Das Haus, das dem Geschäft seinen Namen gab, wurde im Jahr 1444 erstmals urkundlich erwähnt. Seit dem Jahr 1637 ist es als „Mohren-Haus“ bekannt. Über dem Portal der historischen Sandsteinfassade thront die Figur des „Mohren“ und blickt über die Passanten. Im Eingangsbereich lädt die klassizistische Ladeneinrichtung aus dem Jahr 1810 mit verschiedensten Teesorten zum Verweilen ein.
Der Mohr im Magier
Den Sarotti-Mohren gibt es seit 2004 nicht mehr. Seiner ursprünglichen Erscheinung beraubt, wurde er von Stollwerck (Sarotti) durch einen auf einer Mondsichel balancierenden Magier mit goldener Haut, der nach den Sternen greift, ersetzt. Er wird jetzt als „Magier der Sinne“ bezeichnet.
Dunkelhäutig darf ein Magier nicht sein, männlich muss er sein. Wahrscheinlich wurde die goldene Hautfarbe gewählt, um einem weiteren Aufschrei vorzubeugen, der Sarotti-Mohr – nun Magier – nicht noch mehr blaue Flecken davon trägt.
Im Geiste sehe ich dennoch den Sarotti-Mohren. Wird auch so bleiben. Nicht nur, weil ich Sarotti-Utilitys habe, sondern weil ein Magier, wie ein Gestaltwandler, auch sein Aussehen verändern kann. Somit ist es immer noch der kleine Mohr. Denn merke: In Vollmondnächten, wenn der Abendstern ganz hell leuchtet, ist der kleine Magier als kleiner Mohr, wie in Kindheitstagen, unterwegs.
Design: Von hui nach pfui
Zum Auslöser dieses Beitrages: Nun ist selbst der Magier über dem Sarotti-Schriftzug verschwunden. In einer langweiligen Verpackung, wo die Farbe papp-blau dominiert, wird jetzt gutes dunkles Kakaopulver in die Welt verschickt.
Wenn ich das gewusst hätte, jetzt folgt die Fahrradkette, hätte ich eine Packung zum Umfüllen aufgehoben. Hab ich aber nicht. Bleibt jetzt nur noch das Internet, um den Missstand zu korrigieren. Wenigstens darf der kleine Magier als Favicon (noch) auf der Webseite sein.
Und davon abgesehen: „Rassismus beginnt im Kopf, nicht mit dem Namen einer Apotheke oder einer kleinen Werbefigur auf einer Tafel Schokolade.“ (nach Christina Hartmann)
Nachtrag
13.09.2023: Ein Link hinzu und Satzumstellungen.
15.09.2023: Beitragsbild ausgetauscht / Bild der Zeil-Apotheke verlinkt (Schriftzug „zum Mohren“ wurde inzwischen verdeckt, Bilder der Bildersuchmaschinen zeigen noch ohne Abdeckung)
20.09.2023: Geschichten-Link hinzu
Bildernachweis: Logos, Schriftzug und Sarotti-Mohr von Sarotti (Stollwerck)
Danke für Deinen Artikel über den Sarotti-Mohren. Er spricht mir aus dem Herzen.