Der Begriff „Panikblüte“ stammt aus der Botanik. So bezeichnet man den Zustand einer Pflanze, die kurz vor dem Absterben all ihre Energie in die Erhaltung ihre Art legt und Blüten in einem Übermaß produziert. Vor ein paar Jahren konnte man das bei den Buchen im Stadtwald beobachten. Auch der Förster sprach von einer Panikblüte.
Die Gesellschaft und das Mediendiktat führen zum „Seelentod“
Nicht nur die Pflanzen fallen in eine Panikblüte, auch bei den Menschen ist dies mehr und mehr auszumachen, weil die Jahre dahin rinnen, das Alter sich abzeichnet, man dies nicht an seinem Körper akzeptieren will. Mit sich und der Welt aber ist auch die Jugend nicht im reinen. Hier ist es aber nicht die Panikblüte.
Der mediale Körperkult und seine Folgen
Eine Umfrage von „Jugend gegen Aids“ liefert einige erschreckende Ergebnisse:
Fast die Hälfte der Befragten sind mit ihrem Körper nicht zufrieden. Ganze 80 Prozent sagten, sie würden etwas ändern, wenn sie könnten.
„Viele denken, sie müssten aussehen wie die Leute, die sie mal im Porno gesehen haben“, so Marlon Jost, Marketingvorstand von Jugend gegen Aids. „Die Jugendlichen brauchen eine Distanz, die aufzeigt, dass das nicht die Realität ist. Nur so könnten junge Leute lernen, ihren Körper zu akzeptieren.“
Die WHO erzählt in einer Studie, dass jede zweite 15-Jährige und jeder dritte Junge in diesem Alter, sich zu dick zu fühlen, obwohl sie nicht übergewichtig sind. Dass diese Fehleinschätzung nicht ohne ist, schlimme Folgen für die Psyche der Heranwachsenden haben kann, liegt auf der Hand. Essstörungen und ungesunde Ernährung gehen damit einher. Wir wissen aber auch, dass viele Pfunde der Einschulung geschuldet sind – heute. Grund dafür ist u.a. der Konsum neben dem Medienverzehr (Fernseher, Tablet, Smartphone etc.). Man isst mehr, man isst falsch. Hinzu kommt die mangelnde Bewegung. Und das zieht sich dann wie ein roter Fanden durchs Leben. Und hoffentlich fehlen dann die notwendigen 20 Sekunden Mut …
Falsche Vorbilder?
Vieles wird auch, was auch dem Zitat entnommen werden kann, von den verschiedenen Medien nicht nur in die Köpfe der Jugendlichen eingepflanzt. Wenn ein Ronaldo sein Trikot lupft, dann steht nicht nur Damenwelt Kopf (ich gewiss nicht). Dann liegt es auf der Hand, dass der eine oder andere selbst in der Kreisliga A Offenbach deswegen am Rad dreht. Aber mit Kreisliga-Niveau gibt es kein Body á la Ronaldo. Auch nicht für £ 132.00 nach Hause. Das sollte man auch wissen.
Zu den Begebenheiten in der Pornowelt sollte man wissen, nichts ist so wie es scheint. Nicht mal, wenn das Thema „Hänsel und Großvater gehen in den Wald“ verfilmt wird. Ohne vieles Doping bzw. den blauen Wunderpillen/Spritzen ist da wenig zu holen. Da wird mit allen Tricks geschafft. Den Waschbrettbauch gab es schon zu Zeiten von Jean-Daniel Gardinot, als ich meine erste Blüte erlebte. Nur, mir hat keiner eingetrichtert, dass dies erstrebenswert sei. Ich war gertenschlank, etwas zum unterm Arm klemmen und mitnehmen, wobei angemerkt sei, so ein dezenter Waschbrettbauch kann auch sehr erotisch und sexy sein. Man sollte es eben nicht übertreiben. Immer mit Augenmaß arbeiten.
Zeichen der Panikblüte
Es gibt den Lebensstoßseufzer: Wie die Alten so die Jungen. Und die Alten sind noch schlimmer, wobei hier der Mann in der Regel ab einem gewissen Alter außen vor ist. Da lässt er den lieben Gott einen guten Mann sein und alles geht seinen gewohnten eingespielten Gang. Von Panikattacken weit und breit nichts zu sehen. So sitzt er in der Gaststätte, trinkt seine Portion Wohlfühlbier, erzählt hin und wieder, dass er kürzertreten muss, klopft dabei auf seinen Bauch, und alle Welt weiß, das letzte Bierchen hat was durcheinander gebracht.
Diese Einstellung ist nicht verkehrteste. Bei den Damen sieht die Geschichte schon anders aus. Gewaltig anders. Da ist die Panikblüte voll im Gange. Das fängt nicht beim Friseur, dem Schuhkauf an, es endet aber in den Schönheitsabteilungen der Kliniken. Da werden sogar die Augenbrauen hochgespritzt, damit der angesagte Bogen entsteht. Nebst falschem Haar, aufgemalten Augenbrauen, machen sie ungewollt noch Werbung mit ihren Augenwimpern für Rollladen-Net. Aber…
Jugendwahn und die hintergründige Panik: Du bist keine 20 mehr
Was einem 20-jährigen Mädel gut steht, ist für eine 50-Jährige noch lange nicht geeignet. Mir geht es nicht anders. Was würde ich so gerne… Ich habe kürzlich in einer Zeitschrift für Frisuren geblättert (das teure Magazin) … ich hätte bald heulen können. Was es da für ausgefallene Möglichkeiten gibt, total flippig, sexy aber auch edel … Das ist aber (leider) alles für die junge Welt. Meine Beraterin knufft mich schon: „Komm wieder, wenn du 20 bist.“
Ab wann sind Löcher in der Jeans oft nur noch peinlich? Aus einer anderen Zeit (1975) habe ich noch eine Jeans, ausgefranst, verbleicht, mit Löchern, sogar am Hintern. Wenn dann richtig. Selbst wenn die mir noch passen würde (der Pop passt noch rein, bekomme sie nur nicht mehr richtig zu), die Zeit ist für mich vorbei. Ich habe sie gelebt, genossen, die Hose trotz allen Widerstand immer wieder getragen und muss nun akzeptieren, dass andere nun an der Reihe sind. Dies fällt mir oft schwer, gebe ich zu, weil der Kopf noch nicht so weit ist. Der erzählt noch ganz andere Geschichten.
Wenn ich in meinen Trans*Kreisen so um mich schaue, denke ich hin und wieder: Leute, Leute, so alt werdet ihr doch gar nicht, wie ihr euch anzieht. Das ist wieder das andere Extrem. Ich muss für mich einen anderen Weg finden. Ich befinde mich voll in der Panikblüte, ohne mich fortpflanzen zu können. Und das treibt mich auch um.
Jugendlicher Teint (Letzte Mobilmachung)
Nebst Spritzkuren sind auch die Wohlfühlmomente im Solarium schwer angesagt. Mehr Frauen als Männer, aber beide Lager legen dabei viel Wert auf das Äußere. Ich zähle auch dazu, aber erst seit diesem Sommer, seit die Ostsee (Grömitz) mir zeigte, was bei mir noch möglich ist. In einer Woche habe ich mehr Bräune bekommen, ohne am Strand zu liegen, wie das ganze letzte Jahr in den Sommerferien am Rodgaustrand / Schultheisweiher / Langener See. Und heute sind die Solarien hochmodern ausgestattet – mit Vitamin D-Aktivierung. Hinzu kommt Hautstraffung, Beseitigung von Unebenheiten …
Panikattacken? Das sind summasummarum 10 Jahre, die man da sich in der Horizontalen verjüngt. Von wegen Panikblüte. Und wir sind da noch nicht bei den Schminktipps meiner Beraterin angekommen. Das sind nochmal mindestens 5 Jahre Verjüngung. Aber erst muss ich den Grundkurs machen: „Typgerechtes Schminken“. Das muss ein Hingucker werden, und kein Augenkrebs auslösen.
Manches sollte man in jungen Jahren nicht übermäßig praktizieren, da diese Geschichten im Alter ihre Spuren hinterlassen. Zu viel Solarium lässt die Haut altern, trotz Cremes. Zu viel Paste im Gesicht lässt die Haut austrocknen. Was man in jungen Jahren sich antut, ist im Alter nicht mehr zu kitten. Rauchen, saufen, Drogen … Bye schöne Welt und willkommen in der vollen Panikblüte ab 40.
Medialen Abstand halten
Ich kenne jene, die ihr Leben in vollen Zügen genossen haben. Heute sehen sie 10 Jahre älter aus, als ich auf dem Papier an Zahlen vorzuweisen habe, obwohl sie jünger sind. In Hanau kenne ich ein Mädel, da denkt man, sie ist Mitte 20, dank ihrer Ausstrahlung. Sie ist aber 38 Jahre alt. Das ist nun nicht die Regel, aber es zeigt schon auf, dass alles seinen Preis hat. Zu wenig Bewegung, falsches Essen … dann noch unpassend mit hautenger Kleidung die Speckrollen der Welt vorführen … Frau Michelin lässt grüßen. Dabei gibt es auch schicke XL-Kleidung.
Man kann viel mehr aus sich herausholen, wenn frau/mann/trans* gewissen Abstand zu den medialen Themen nimmt, analysiert, ein_e/n Freund_in zur Beratung hinzuzieht und Zeit für sich mitbringt. Eine Vertrauensbasis mit liebevoller Ehrlichkeit sollte hier eine Selbstverständlichkeit sein. Und dann zaubert anderntags ein Lächeln den Sonnenschein herbei und der Rest ist Schnee von gestern.
Vorbei die Zeit der Panikblüte und der Selbstzweifel.
Das wissen nur die Wenigsten. Leider.